Le Tournon / Joseph Roth
In seinem Pariser Café,
aus Deutschland vertrieben,
hat er die schärfste Sicht
am Rand des Rauschs
zurück zum Anfang des Jahrhunderts,
bis zu den Grenzposten der Monarchie.
Alles wird ihm zur Legende:
die staubigen Plätze in Galizien,
aufgewirbelte, feingeriebene Zeit
mit ihrem Wunschglimmer.
Das Himbeerwasser bei der Frau des Wachmanns,
der nichts ahnt,
Säbelklirren zum Tafelspitz,
die Aufmärsche, blinkenden Uniformen,
all das schöne Theater, das langweilt
so ohne Ernst.
Der Schaum der Geschichte,
darunter eines jeden Füße verfangen
in Stacheldraht.
Noch einmal aus dem Dunkel
eine Prozession der Juden vor Kaiser Franz Josef.
„Es hat mich sehr gefreut!“ zu allem und jedem,
ein Jahrhundert gnädig abgenickt.
Vom Gefreiten Roth ein erstes Gedicht
1917 in einem Soldatenblatt
über ein vom großen Treck zurückgelassenes
sterbendes Pferd.
Gott ist jetzt ein alter Liftknabe
im verschlissenen Grand Hotel,
und was kann einen noch retten –
wenn nicht das genaue Adjektiv,
wenn nicht das am Rand des Rauschs
klar abgemessene Leid –
vor der auf Erden herrschenden
schluchzenden Gewalt.